Bamberger Süßholz: Lange Tradition & süße Verführung!
Wieso nennt man Schmeichler eigentlich Süßholzraspler? Das hat tatsächlich etwas mit der Süßholzwurzel zu tun, die in Bamberg schon mindestens seit dem frühen 16. Jahrhundert angebaut wurde und für die Bamberger Gärtner zu dieser Zeit von großer wirtschaftlicher Bedeutung war. Heute bauen wir Süßholz in unserer Gärtnerei an, um seine Tradition zu bewahren. Alles über die stolze Geschichte des Süßholzes, die schwierige Ernte und die Verwendung kannst du hier nachlesen.

Bildquelle: Genussregion Oberfranken
Der Bamberger Süßholzanbau und seine Geschichte:
Der Bamberger Süßholzanbau wurde erstmals im Jahr 1520 erwähnt und war für die Stadt Bamberg vor allem im 16./17. und 18. Jahrhundert von großer wirtschaftlicher Bedeutung. Auf dem ersten Stadtplan von 1602 ist das Süßholz sogar mit Wuchsform, botanischem Namen und in seiner Verkaufsform – in geflochtenen Ringen getrocknet – abgebildet. Zu dieser Zeit war es neben Obst das einzige Süßungsmittel, daher wurde es von Bamberg über Holland und Ungarn bis nach London und Venedig exportiert. Auch in vielen Kräuterbüchern aus der damaligen Zeit findet das Süßholz Erwähnung. Mit Sicherheit war es schon damals eine echte Bamberger Besonderheit.
Ab dem 19. Jahrhundert wurde das Süßholz jedoch mehr und mehr von Rohr- und Rübenzucker abgelöst. Einige Jahrzehnte war es danach noch als Kranz geflochten auf Jahrmärkten beliebt, bis sein Anbau Mitte des 20. Jahrhunderts fast ganz eingestellt wurde.
Lediglich im Gärtner- und Häckermuseum wurde weiterhin Süßholz kultiviert, sodass wir die traditionsreiche Wurzel heute wieder anbauen können.
Wie bauen wir Süßholz an?
Der Sagen nach wächst Süßholz in Bamberg überall dort, wo die Kaiserin Kunigunde vor 1000 Jahren entlangging. Ob ihre Wege sie auch über die Flächen unserer Gärtnerei führten, wissen wir nicht. Jedenfalls entschlossen wir uns 2007 dazu, es wieder mit dem Süßholzanbau zu versuchen. Dazu verwendeten wir sogenannte „Fexer“, ca. 15-20 cm lange Rhizomstücke mit „Augen“, die in 10 cm Tiefe flach in den Boden gelegt werden.
Im Herbst werden alle oberirdischen Pflanzenteile abgeschnitten, bevor das Süßholz im Frühjahr erneut austreibt. Erst nach 5 Jahren haben sich genug Seitenausläufer gebildet, um Wurzeln ernten zu können. Obwohl das Süßholz in unseren sandigen Bamberger Böden ideale Wachstumsbedingungen vorfindet, sollte man ihm bis zur erneuten Ernte ein paar Jahre Regenerationszeit geben.
Wie wird Süßholz ausgegraben?
Während das Süßholz beim Wachsen kaum Unterstützung benötigt, ist seine Ernte umso zeit- und arbeitsintensiver. Denn um an die beliebten Wurzeln zu kommen, benötigt man ebenso viel Muskelkraft wie Feingefühl. Von einer Mutterpflanze ausgehend wird vorsichtig Erde abgetragen, bis man in ca. 20- 40 cm Tiefe auf eine dicke Seitenwurzel stößt. Diese wird dann durch Graben so weit wie möglich verfolgt. Dabei ist viel Geschick gefragt, vor allem wenn sich die zahlreichen Ausläufer kreuzen.
Das unverletzte Ausgraben einer Süßholzwurzel war früher sogar Teil der Gärtner-Meisterprüfung, die Sebastian Niedermaier 1795 mit Bravour bestand. Nein, unser Sebastian Niedermaier ist noch keine 250 Jahre alt, jedoch gab es einem alten Meisterbrief zufolge während der Blütezeit des Süßholzes einen Namensvetter, der wohl ebenfalls Gärtnermeister war.
Leider können wir unser Süßholz aufgrund des enormen Arbeitsaufwandes nicht im großen Stil im Hofladen anbieten, im Herbst und Winter haben wir es aber hin und wieder im Angebot.
Süßholz raspeln?
Traditionell wird das Süßholz nach der Ernte zu Kränzen geflochten und so getrocknet. Das enthaltene Glycericin macht es zum idealen Zuckerersatz. Hauptanbaugebiete für die industrielle Verarbeitung des Süßholzes – vor allem zu Lakritz – sind heute Spanien und Italien.
Doch auch seine Heilwirkung ist nicht zu unterschätzen. So können die enthaltenen entzündungshemmenden Stoffe die Darmgesundheit positiv beeinflussen und bei Erkältungen Linderung verschaffen.
Getrocknetes Süßholz kannst du ganz einfach raspeln und in deinen Tee geben. Doch Vorsicht, es ist 50-mal süßer als Rohrzucker. Gehe also sparsam damit um – anders als die sogenannten „Süßholzraspler“, die ihre süßen Komplimente und Schmeicheleien alles andere als sparsam verteilen.

Doch auch seine Heilwirkung ist nicht zu unterschätzen. So können die enthaltenen entzündungshemmenden Stoffe die Darmgesundheit positiv beeinflussen und bei Erkältungen Linderung verschaffen.
Sebastian Niedermaier